Drogen, Müll und Übernutzung: Anwohner und Politik fordern mehr Präsenz von Polizei und Bezirk, um den bekannten Weißen See samt Park vor dem Kollaps zu retten.
Photo by Elizabeth McDaniel on Unsplash Zerstörung des Parks am Weißen See: "Die Behörden haben kapituliert".Ist der Park am Weißen See unsicher? Diese Frage stellten wir vergangene Woche, nachdem der CDU-Abgeordnete Dirk Stettner den Park als ungepflegt und unsicher bezeichnet und eine regelmäßige Polizeipräsenz an Pankows berühmtestem Gewässer gefordert hatte. Auf unsere Nachfrage präzisierte Stettner noch einmal: „Der Park am Weißen See ist stark übernutzt. Viel zu viele Menschen sind viel zu häufig und viel zu unkontrolliert im Park. Dazu ist der Park auch für Kriminelle immer interessanter." Es gebe eine "steigende Drogenkriminalität im Park". Derzeit seien es noch leichten Drogen, "aber wir wollen keine Verhältnisse wie im Görlitzer Park hier in Weißensee".
Der Park lebe "von der Substanz der Natur", und die sei schwer angegriffen, so Stettner. Die soll zwar wieder ein bisschen aufgepäppelt werden, unter anderem gibt der Bund zwei Millionen Euro, damit das Absinken des Wasserspiegels durch die Zuleitung von Regenwasser gestoppt werden kann.
Doch das allein werde nicht reichen, so Stettner: "Wer an einem Samstagmorgen durch den Park geht, fühl sich eher wie auf einer Müllkippe als am Weißen See." Die Uferstreifen seien beschädigt durch wildes Baden, die Grünflächen durch Grillen. Intensive Nutzung, schlechte Beleuchtung und laute Gruppen auch nachts hätten bei vielen Anwohnern zudem "zu subjektiver Unsicherheit" geführt.
Deswegen fordert Stettner neben einer funktionierenden Beleuchtung im Park ein härteres Vorgehen der Ordnungsbehörden: "Wir brauchen die regelmäßige Bestreifung des Parks durch Ordnungsamt und Polizei. Dazu die konsequente Sanktionierung von Vermüllung des Parks." Eine Vergrößerung des Strandbades solle legal weitere Bademöglichkeiten schaffen, die Ausweisung befestigter Grillflächen das Grillproblem lösen.
Auch LeserInnen meldeten sich nach unserem Aufruf vergangene Woche mit interessanten Eindrücken. Der Tenor ist klar: Der Park am Weißen See ist mindestens stark heruntergekommen - und die Pankower Behörden haben vor der Zerstörung des Gemeinschaftseigentums praktisch kapituliert. Die geplante Instandsetzung des Parks mit Bundesmitteln wird nichts bringen, wenn sich danach niemand um die Erhaltung des Parks kümmert. Hier eine Auswahl der Zuschriften:
- "Der Weiße See war einst ein idyllischer Ort, gut behütet von sogenannten Park-Wächtern", berichtet Klaus Wolff. Er ist 77 Jahre alt, in Weißensee geboren und lebt immer noch in der Nähe des Sees. "Es gab dort einen Rummel, die Ziehung der Bären-Lotterie, etliche Schiffskorso mit Beleuchtung, eine Kegelbahn, ein Trainingscenter für die Sportart Boxen, im Winter eine Schlittschuhbahn für alle mit Musik und als Höhepunkt das Blumenfest mit einer herrlichen Ausstellung der Floristen aus Weißensee und Umgebung.
Dann kam die Wende im wahrsten Sinne des Wortes. Ohne Rücksicht auf Verluste strömten die Menschen aus nah und fern, um den Park für sich zu erobern. Ohne die entsprechende Kontrolle musste das ja tragisch enden. Heute gibt es kaum noch Rasen, die Lampen werden zerstört, auf jede freie Fläche wird Graffiti geschmiert, das ehemalige gut besuchte Wildgehege ist eine Brache, die ehemalige Sportstätte eine Ruine, und der See wird regelrecht mit Brotresten zugeschüttet. Damit das auch regelkonform ist, werden die entsprechenden Hinweisschilder einfach zerstört.
Spricht man die Leute darauf an, reagieren sie sehr aggressiv. Leider reagiert heute ein Teil der Bevölkerung nur noch, wenn es ans Portemonnaie geht. Also kann man nur hoffen, dass ein Teil der gut gemeinten finanziellen Zuwendungen auch dazu benutzt wird, die anstehenden positiven Aktivitäten zu schützen und zu bewahren."
- "Ich bin mit dem Weißen See aufgewachsen, ein Besuch dort war immer etwas Besonderes", schreibt Ines Dräger. "Leider muss ich den Besuch zum See unterlassen. Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, was aus der Parkanlage geworden ist. Ich kann das leider nicht alles aufzählen, das würde zu lang werden."
- Aus dem Nachbarbezirk Reinickendorf meldet sich Carmen Schiemann: "Ich wohne in der Nähe des Schäfersees und bin dort aktiv für Natur und Park. Wir haben hier genauso immer wieder mit Vandalismus zu tun, leider. Durch gezielte Maßnahmen wie Aufstellen von Hinweisschildern auf Parkregeln, Einzäunung zu schützender Areale, konsequentes Anzeigen von Straftaten wie Schwarzangeln, Schwimmen (trotz Verbot), Shisha-Rauchen und Grillen (beides offenes Feuer), Polizeieinsätzen gegen Dealer und den ständigen Einsatz von Parkläufern hat sich alles merklich reduziert. Dazu kommt das Engagement von Anwohnern, die durchaus die Polizei anrufen.
Der Weiße See ist von der Größe her vergleichbar mit dem Schäfersee. Was ich an Verhalten der 'Besuchenden' allerdings am Weißen See erlebte, war auf gut deutsch 'unter aller Kanone'! Von einer 'Fehlnutzung' kann eigentlich nicht die Rede sein, eher eine Zerstörung von Gemeineigentum. Die Liste ist lang, hier nur eine kleine Auswahl: Uferbaden, unangeleinte Hunde, Shisha-Rauchen, Boote, Grillen, Musikanlagen usw. Hier versagen alle Behörden.
Am Weißen See hilft wirklich nur noch eine ständige Präsenz des Ordnungsamtes oder der Polizei, die bei der politischen Gemengelage in Pankow wohl eher als Polizeiterror angesehen werden wird. Traurig, traurig - wer den Grashalm vor der Haustür nicht schützen mag, ist für mich auch nicht befähigt, irgendwas zum Umweltschutz beizutragen! Was soll eine 'Aufforstung' der Grünanlage um den See, wenn dieselben Personen dort weiterhin ungestraft ihr Unwesen treiben?" - "Bisher fühle ich mich bei einem Spaziergang um den See nicht unsicher", schreibt Heide Wünsche, die 78 Jahre alt ist. "Allerdings vermeide ich es, bei Dunkelheit allein durch den Park zu laufen. Die Beleuchtung finde ich etwas spärlich und würde eine Verbesserung begrüßen. Ebenso gefällt mir, dass eine Verbesserung der Barrierefreiheit geplant ist."
- "Der Weiße See hat mit zwei Problemen zu kämpfen", berichtet uns Jürgen Erdmann, der als Naturschützer unter anderem ehrenamtlich für Nabu und BUND arbeitet. "Das eine ist der sinkende Wasserstand. Alle Zuläufe von Oberflächenwasser wurden abgesperrt. Der Wasserstand regelt sich nur über direktes Regenwasser und Grundwasser. Das Wasser aus der Umgebung wird über Regenwasserkanäle abgeleitet. Regenwasser kann in der Umgebung nicht versickern, da der Boden zum Teil versiegelt oder verdichtet ist.
Der Uferbereich des Sees und die Böschungen sind teilweise ohne Aufwuchs und stark verdichtet. Bei Starkniederschlägen läuft das Wasser direkt in den See, die Böschungen sind dann einer Erosion ausgesetzt. Die ausgespülten Sedimente, Nähr- und Schadstoffe lagern sich im See ab. Vor kurzem wurden Blaualgen im See gesichtet. Da die Schilfbestände gering sind, sind die Selbstreinigungskräfte des Gewässers sehr begrenzt. Dazu kommt der Klimawandel mit weniger Niederschlag, mehr Wärme und mehr Verdunstung.
Das andere Problem ist fehlende beziehungsweise zerstörte Beschilderung dieser geschützten Grünanlage. Dort wird permanent gegen das Grünanlagengesetz, das Hundegesetz, das Wassergesetz und weitere Gesetze verstoßen. Der Bezirk duldet das seit Jahren. Somit sind weite Bereiche des Ufers durch Fehl- und Übernutzung schwer beschädigt.
Am vergleichbaren Orankesee oder Schäfersee gibt es keine dieser Fehlnutzungen, dort greifen die Bürger zum Telefon und der Strandbad-Betreiber zum Megafon. Warum wird die Beschilderung des Schäfersees oder des Orankesees nicht für den Weißen See durch den Bezirk übernommen? Wie soll sichergestellt werden, dass, wenn der See umgestaltet wurde, die neuen Bereiche nicht wieder sofort zerstört werden? Das Bezirksamt Reinickendorf hat zum Beispiel die Schilfbestände zum Schutz am Schäfersee komplett eingezäunt."
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/zerstoerung-des-parks-am-weissen-see-die-behoerden-haben-kapituliert/26738350.html